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Öffentliche Bekanntmachung

Satzung über die Unterbringung von Obdachlosen in Unterkünften der Gemeinde Groß-Zimmern (Obdachlosensatzung)


Satzung über die Unterbringung von Obdachlosen in Unterkünften der Gemeinde Groß-Zimmern

(Obdachlosensatzung)

Aufgrund der §§ 5 und 19 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Februar 2023 (GVBl. S. 90, 93), in Verbindung mit den §§ 1, 2 und 10 des Gesetzes über Kommunale Abgaben (KAG) in der Fassung vom 24. März 2013, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. Juli 2023 (GVBl. S. 582), hat die Gemeindevertretung der Gemeinde Groß-Zimmern am 07.05.2024 folgende Satzung über die Unterbringung von Obdachlosen in Unterkünften der Gemeinde Groß-Zimmern (Obdachlosensatzung) neu beschlossen.


§ 1 Rechtsform, Anwendungsbereich, Begriffsbestimmung

(1) Obdachlos im Sinne dieser Satzung ist jede sesshafte Person, die bereits ohne Unterkunft ist oder unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht ist und dabei nach den Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnissen oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, sich kurzfristig eine Wohnunterkunft zu verschaffen.

(2) Zur vorübergehenden Unterbringung von Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit bedrohten Personen unterhält die Gemeinde Groß-Zimmern Obdachlosenunterkünfte als öffentliche Einrichtungen. Die Unterkünfte können sich in gemeindeeigenen oder angemieteten Gebäuden befinden.

(3) Die Obdachlosenunterkünfte dienen der Aufnahme und vorübergehenden Unterbringung von Personen, die obdachlos sind oder sich in einer außergewöhnlichen Wohnungsnotlage befinden und die erkennbar nicht fähig sind, sich selbst eine Unterkunft oder Wohnung zu beschaffen.

(4) Die Obdachlosenunterkunft wird der oder dem Obdachlosen von der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Zwischen ihr und der oder dem Obdachlosen besteht kein privates Rechtsverhältnis, insbesondere kein Mietverhältnis.


§ 2 Benutzungsverhältnis

(1) Obdachlose Personen im Sinne des § 1 Abs. 1 dieser Satzung werden durch eine Einweisungsverfügung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs in eine Obdachlosenunterkunft eingewiesen.

(2) Das Benutzungsverhältnis ist öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Ein Rechtsanspruch auf die Unterbringung in Räumen bestimmter Art und Größe innerhalb der Unterkunft besteht nicht.


§ 3 Beginn und Ende der Nutzung

(1) Das Benutzungsverhältnis wird durch schriftliche Verfügung begründet. Es beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Benutzerin oder der Benutzer die Unterkunft bezieht.

(2) Die Beendigung des Benutzungsverhältnisses erfolgt durch schriftliche Verfügung der Gemeinde. Soweit die Benutzung der Unterkunft über den in der Verfügung angegebenen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wird, endet das Benutzungsverhältnis mit der Räumung der Unterkunft. Gründe für die Beendigung des Benutzerverhältnisses bzw. einer Räumung oder Umsetzung sind insbesondere, wenn

1. die oder der eingewiesene Obdachlose sich eine andere Unterkunft verschafft hat,

2. die Unterkunft im Zusammenhang mit Umbau-, Erneuerungs-, oder Instandsetzungsarbeiten geräumt werden muss,

3. bei einer angemieteten Unterkunft das Mietverhältnis zwischen Gemeinde und dem Dritten beendet wird,

4. die oder der Eingewiesene die Unterkunft nicht mehr selbst bewohnt, sie ohne schriftliche Zustimmung der Gemeinde nicht mehr ausschließlich als Wohnung benutzt oder sie nur zur Aufbewahrung von Hausrat verwendet,

5. die oder der Benutzer Anlass zu Konflikten gibt, die zu einer Beeinträchtigung der Hausgemeinschaft oder zu Gefährdungen von Hausbewohnern und/oder Nachbarn führen und die Konflikte nicht auf andere Weise beseitigt werden können,

6. die Unterkunft länger als zwei Wochen nicht in Anspruch genommen wird. Sie gilt in diesem Falle ohne Anzeige der obdachlosen Person als geräumt und kann von der Obdachlosenbehörde anderweitig belegt werden. Eingebrachte Sachen der eingewiesenen Person werden für die Dauer von drei Monaten ab der Räumung der Unterkunft von der Obdachlosenbehörde verwahrt und anschließend verwertet bzw. vernichtet.


§ 4 Gebühren

(1) Zur Deckung des Aufwandes für die Obdachlosenunterkünfte der Gemeinde Groß-Zimmern werden für die Inanspruchnahme der Obdachlosenunterkünfte Benutzungsgebühren erhoben.

(2) Schuldnerinnen bzw. Schuldner der Benutzungsgebühren sind die Personen, die in die Obdachlosenunterkunft eingewiesen werden und die Unterkunft nutzen.

(3) Die Gebühr wird durch Gebührenbescheid festgesetzt und ist zwei Wochen nach dessen Bekanntgabe an die gebührenpflichtige Person zur Zahlung fällig.

(4) Die Gebühren werden monatlich erhoben.

(5) Die Benutzungsgebühren betragen im Satzungsgebiet pro Person und Monat 330,00 €.

Bei der gemeinsamen Nutzung einer zugewiesenen Obdachlosenunterkunft durch eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) oder einer Haushaltsgemeinschaft nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beträgt die Nutzungsgebühr

bei 2 Personen 570,00 € pro Monat,

bei 3 Personen 700,00 € pro Monat,

bei 4 Personen 800,00 € pro Monat,

bei 5 Personen 910,00 € pro Monat,

bei 6 Personen 1.010,00 € pro Monat,

bei 7 Personen 1.120,00 € pro Monat

bei 8 Personen 1.230,00 € pro Monat.


(6) Die zusätzlich zu leistende Gebühr zur Abgeltung der Kosten für Heizung und weitere Betriebskosten im Sinne von § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) beträgt

173,00 € pro Person und Monat

Bei der gemeinsamen Nutzung einer zugewiesenen Obdachlosenunterkunft durch eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuch SGB II oder einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne des SGB XII beträgt die Nutzungsgebühr

bei 2 Personen 224,00 € pro Monat

bei 3 Personen 281,50 € pro Monat

bei 4 Personen 326,50 € pro Monat

bei 5 Personen 375,50 € pro Monat

bei 6 Personen 420,50 € pro Monat

bei 7 Personen 469,50 € pro Monat

bei 8 Personen 514,50€ pro Monat

(7) Eine vorübergehende Nichtbenutzung der zugewiesenen Unterkunft oder die nur teilweise Nutzung entbindet nicht von der vollständigen Gebührenpflicht.


§ 5 Benutzung der überlassenen Räume und Hausrecht

(1) Die als Unterkunft überlassenen Räume dürfen nur von den eingewiesenen Personen und nur zu Wohnzwecken benutzt werden.

(2) Die Benutzerin/ der Benutzer der Unterkunft ist verpflichtet, die ihr/ ihm zugewiesenen Räume samt dem überlassenen Zubehör pfleglich zu behandeln, im Rahmen der durch ihre bestimmungsgemäße Verwendung bedingten Abnutzung instand zu halten und nach Beendigung des Benutzungsverhältnisses in dem Zustand herauszugeben, in dem sie bei Beginn übernommen wurden.

(3) Veränderungen jeglicher Art, insbesondere Um- und Einbauten sowie Installationen sind untersagt, sofern sie nicht mit schriftlicher Zustimmung vorgenommen werden. Die eingewiesene Person ist im Übrigen verpflichtet, der Gemeinde unverzüglich Schäden am Äußeren oder Inneren der Räume in der zugewiesenen Unterkunft mitzuteilen.

(4) Die Benutzerin/ der Benutzer bedarf ferner der schriftlichen Zustimmung der Gemeinde, wenn sie/ er

• ein Tier in der Unterkunft halten will,

• in der Unterkunft oder auf dem Grundstück außerhalb vorgesehener Park- und Einstellplätze ein Kraftfahrzeug abstellen will.

(5) Die Zustimmung wird grundsätzlich nur dann erteilt, wenn die Benutzerin/ der Benutzer erklärt, dass sie/ er die Haftung für alle Schäden, die durch die besonderen Benutzungen nach Abs. 3 und 4 verursacht werden können, ohne Rücksicht auf eigenes Ver- schulden übernimmt und die Gemeinde insoweit von Schadensersatzansprüchen Dritter freistellt.

(6) Die Zustimmung kann befristet und mit Auflagen versehen erteilt werden. Insbesondere sind die Zweckbestimmung der Unterkunft, die Interessen der Haus- und Wohngemeinschaft sowie die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung zu beachten.

(7) Die Zustimmung kann widerrufen werden, wenn Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen nicht eingehalten werden, Hausbewohner oder Nachbarn belästigt oder die Unterkunft bzw. das Grundstück beeinträchtigt werden.

(8) Werden von der Benutzerin/ dem Benutzer ohne Zustimmung der Gemeinde Veränderungen im Sinne des § 5 Abs. 3 vorgenommen, so kann die Gemeinde diese auf Kosten der oder des Benutzers beseitigen und den früheren Zustand wiederherstellen lassen. Die Gemeinde kann darüber hinaus erforderliche Maßnahmen ergreifen, um den Einrichtungszweck zu erreichen.

(9) Die Beauftragten der Gemeinde sind berechtigt, die Unterkunft in angemessenen Abständen und nach rechtzeitiger Ankündigung werktags in der Zeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr zu betreten. Bei Gefahr im Verzuge kann die Unterkunft ohne Ankündigung jederzeit betreten werden.


§ 6 Instandhaltung der Unterkunft

(1) Die Benutzerin/ der Benutzer verpflichtet sich, für eine ordnungsgemäße Reinigung, ausreichende Lüftung und Heizung der überlassenen Unterkunft zu sorgen.

(2) Zeigt sich ein wesentlicher Mangel der Unterkunft oder wird eine Vorkehrung zum Schutze dieser oder des Grundstücks gegen eine nicht vorhersehbare Gefahr erforderlich, so hat die Benutzerin/ der Benutzer diese der Gemeinde unverzüglich mitzuteilen.

(3) Die Benutzerin/ der Benutzer haftet

1. für Schäden, die durch schuldhafte Verletzung der ihr oder ihm obliegenden Sorgfalts- und Anzeigepflicht entstehen besonders, wenn technische Anlagen und andere Einrichtungen unsachgemäß behandelt werden,

2. wenn die überlassene Unterkunft unzureichend gelüftet wird,

3. für Schulden von Haushaltsangehörigen und Dritten, die sich mit ihrer/ seinem Willen in der Unterkunft aufhalten.

Schäden und Verunreinigungen, für die die eingewiesene Person haftet, kann die Gemeinde auf deren Kosten beseitigen lassen.

(4) Die Gemeinde wird die in § 1 genannten Unterkünfte und die zugehörenden Grundstücke in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten. Die Besitzerin/ der Benutzer ist nicht berechtigt, auftretende Mängel auf Kosten der Gemeinde zu beseitigen.


§ 7 Räum- und Streupflicht

Der Benutzerin/ dem Benutzer obliegt die Räum- und Streupflicht nach der örtlichen Straßenreinigungssatzung.


§ 8 Hausordnung

Der Gemeindevorstand wird ermächtigt, eine Hausordnung für die in § 1 Abs. 1 genannten Unterkünfte zu erlassen. Diese ist durch die Benutzer zu beachten.


§ 9 Rückgabe der Unterkunft

(1) Bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses hat die Benutzerin/ der Benutzer die Unterkunft vollständig geräumt und sauber zurückzugeben.

(2) Einrichtungen, mit denen die Benutzerin/ der Benutzer die Unterkunft versehen hat, darf sie/ er wegnehmen, muss dann aber den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Die Gemeinde kann die Ausübung des Wegnahmerechts durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, es sei denn, dass der Benutzer ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat. Die Obdachlosenbehörde kann zurückgelassene Sachen auf Kosten der bisherigen Benutzer räumen und in Verwahrung nehmen. Werden die in Verwahrung genommenen Sachen spätestens drei Monate nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses nicht abgeholt, wird unwiderleglich vermutet, dass die Benutzer das Eigentum daran aufgegeben hat. Soweit die Sachen noch verwertbar sind, werden diese durch die Obdachlosenbehörde verwertet.

 

§ 10 Haftung und Haftungsausschluss

(1) Die Benutzer haften vorbehaltlich spezieller Reglungen in dieser Satzung für die von ihnen verursachten Schäden.

(2) Die Haftung der Gemeinde, ihrer Organe und Bediensteten gegenüber den Benutzern und Besuchern wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Für Schäden, die sich die Benutzer einer Unterkunft bzw. deren Besucher selbst gegenseitig zufügen, übernimmt die Gemeinde keine Haftung.


§ 11 Personenmehrheit als Benutzer

(1) Wurde das Benutzungsverhältnis für mehrere Personen, die für die Erfüllung von Verbindlichkeiten in einer rechtlichen Zweckgemeinschaft stehen, gemeinsam begründet, so haften diese für alle Verpflichtungen aus diesem als Gesamtschuldner.

(2) Erklärungen, deren Wirkung eine solche Personenmehrheit berühren, müssen von oder gegenüber allen Benutzern abgegeben werden.

(3) Jede Benutzerin/ jeder Benutzer muss Tatsachen in der Person oder in dem Verhalten eines Haushaltsangehörigen oder eines Dritten, der sich mit seinem Willen in der Unterkunft aufhält, die das Benutzungsverhältnis berühren oder einen Ersatzanspruch begründen, für und gegen sich gelten lassen.


§ 12 Verwaltungszwang

Räumt eine Benutzerin/ ein Benutzer ihre/ seine Unterkunft nicht, obwohl gegen sie/ ihn eine bestandskräftige oder vorläufige vollstreckbare Räumungs- oder Umsetzungsverfügung vorliegt, so kann die Räumung gemäß § 78 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz durchgesetzt werden.


§ 13 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

i. entgegen § 5 Abs. 1 eine Unterkunft benutzt oder die überlassenen Räume zu anderen als Wohnzwecken benutzt,

ii. entgegen § 5 Abs. 2 die zugewiesenen Räume samt dem überlassenen Zubehör nicht pfleglich behandelt und instand hält,

iii. entgegen § 5 Abs. 3 seiner Unterrichtungspflicht nicht nachkommt,

iv. entgegen § 5 Abs. 4 Tiere in der Unterkunft hält,

v. entgegen § 5 Abs. 4 Kraftfahrzeuge abstellt,

vi. entgegen § 5 Abs. 9 den Beauftragten der Gemeinde Zutritt verwehrt,

vii. entgegen § 6 Abs. 2 seiner Mitteilungspflicht nicht nachkommt,

viii. entgegen § 9 Abs. 1 die Unterkunft nicht ordnungsgemäß übergibt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von 5,00 € bis 1.000,00 €, bei fahrlässiger Zuwiderhandlung bis 500,00 €, geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das satzungsmäßige Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

 

§ 14 Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Für die Ermittlung der Gebührenpflichtigen und zur Festsetzung der Gebühren nach dieser Satzung ist die Erhebung und Verwendung der erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Gemeinde Groß-Zimmern zulässig. Sie darf diese Daten zum Zwecke der Gebührenerhebung nach dieser Satzung weiterverarbeiten.

(2) Die Gemeinde Groß-Zimmern ist befugt, auf der Grundlage von nach Abgaben der Gebührenpflichtigen ermittelten Daten ein Verzeichnis der Gebührenpflichtigen mit den erforderlichen Daten zu führen und diese Daten zum Zwecke der Gebührenerhebung nach dieser Satzung zu verwenden und entsprechend weiter zu verarbeiten


§ 15 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft. Gleichzeitig tritt die bisherige Benutzungs- und Gebührensatzung für Obdachlosenunterkünfte der Gemeinde Groß-Zimmern vom 10. März 1998 und die hierzu erlassenen Änderungssatzungen außer Kraft.


Groß-Zimmern, den 07.05.2024


Der Gemeindevorstand

der Gemeinde Groß-Zimmern

gez. Pullmann

Mark Pullmann, Bürgermeister